100 Jahre Hyperinflation in Deutschland
Jeder hat schon mal davon gehört und gelesen. Und wenn es nur im Geschichtsunterricht in der Schule war: von der Hyperinflation in Deutschland im Jahre 1923. 100 Jahre ist es nun her, dass die Teuerungsraten – auch Inflation genannt – aus dem Ruder gelaufen sind und bizarre Situationen kreierten. Im nachfolgenden Artikel werfen wir nicht nur einen Blick auf diese Zeit, sondern gehen auch der Frage nach, ob eine Hyperinflation in Deutschland tatsächlich ein einmaliges Ereignis war …
Nun ist es schon ein ganzes Jahrhundert her, als die Währung in der damaligen Weimarer Republik quasi als riesiger Papierberg unterging. Es liegt in der Natur der Sache, dass es heutzutage kaum noch lebende Zeitzeugen dieser Zeit gibt. Damit sind die Erlebnisse und Eindrücke dieser Zeit nur noch in Büchern zu finden, die nicht gerade in den Bestseller-Listen zu finden sind. Und damit ist diese Epoche in der Kategorie „aus den Augen, aus dem Sinn“ verschwunden.
Die Gründe dieser Hyperinflation sind schnell erzählt. Die Anfänge sind bereits kurz vor Ausbruch des 1. Weltkrieges zu finden, in der die deutsche Reichsbank im August 1914 relativ unbemerkt ihre bisherige Verpflichtung aufhob, dass jederzeit Papiergeld gegen Gold eingetauscht werden konnte. Damit war der sogenannte „Gold-Standard“ Geschichte und die Geldmenge nicht mehr an die Goldmenge gekoppelt. Oder wie es Volkmar Muthesius – seines Zeichens Wirtschaftsjournalist und echter Zeitzeuge dieser Zeit – in seinem Buch „Augenzeuge von drei Inflationen – Erinnerungen und Gedanken eines Wirtschaftspublizisten“ festgehalten hat:
„Das (Anm.: Gold-Standard) war nichts anderes als eine Bremse gegen Überkonjunkturen, und zwar mit einem gewissen Automatismus ausgestattet. Er funktionierte nicht ganz zuverlässig, nicht akkurat, nicht hundertprozentig, aber immerhin so, dass es keine Inflation von jener Art geben konnte, wie sie 1917 bis 1923 sich austoben konnte und später wieder 1936 bis 1948. Inflation gab es nur in exotischen Staaten.“
Da ein Krieg damals wie auch heute u. a. auch eine finanziell teure Angelegenheit ist, warb die damalige Regierung im Jahre 1916 bei der deutschen Bevölkerung mit dem Slogan „Gold gab ich für Eisen“ – nachdem es schon 1813 in Preußen zu Beginn der sogenannten Befreiungskriege erfolgreich funktionierte –, ihr Gold bzw. Goldschmuck zu spenden. Im Gegenzug erhielten sie Eisenschmuck. Im selben Jahr wurden die im Umlauf befindlichen Silbermünzen eingezogen, um dieses Metall – wie zuvor schon mit Kupfer und Nickel geschehen – für die Produktion von kriegswichtigen Geräten zu verwenden oder damit Importe zu bezahlen.
Nach Ende des ersten Weltkriegs war der Brotpreis bereits um rund 50 % angestiegen, was eine Inflationsrate von rund 11 % in diesen vier Jahren bedeutete. Nach Kriegsende beschleunigten sich die Preissteigerungen. Zum einen mussten die eigenen Kriegsfolgelasten aus dem Staatshaushalt gestemmt werden und zum anderen bürdete der Versailler Vertrag dem Deutschen Reich astronomisch hohe Reparationszahlungen auf. Und wie heute reagierte man mit der Aufnahme weiterer Staatsschulden – also Geldschöpfung durch Kredit.
Durch die politischen Unruhen 1922 sowie das Damoklesschwert der Reparationen, in denen Frankreich erst mit dem Einmarsch in das Ruhrgebiet drohte und es dann auch Anfang 1923 tatsächlich besetzte, eskalierten schließlich die Preissteigerungen in einer Art und Weise, dass Zeit tatsächlich Geld bzw. Kaufkraft war. Zahlenmäßig immer größere Geldscheine wurden – am Ende nur noch auf einer Seite – gedruckt, um den Wertverlust ihres Papiergeldes auszugleichen. Am Höhepunkt der Hyperinflation im November 1923 ließ die Reichsbank einen Geldschein mit dem „Wert“ von 100 Billionen Mark (100.000.000.000.000 Mark) drucken und die umlaufenden Papiergeldscheine beliefen sich auf 400 Trillionen Mark! Das „Projekt“ der Reichsbank, mit ihren in der Spitze 133 Fremddruckereien schneller Geld zu drucken als es an Wert verlor, scheiterte schließlich. Die Bevölkerung wich auf alles andere aus, was irgendwie nach Zahlungsmittel aussah und legten – sofern es möglich war – verstärkt Vorräte für alle Dinge des täglichen Bedarfs an. Letztlich zog die Reichsbank die Reißleine in Form einer Währungsreform und stellte die Zähler wieder auf null.
In dieser Zeit gab es allerdings nicht nur Verlierer. Neben dem Staat, der sich durch die Hyperinflation seine Kriegsschulden im eigenen Land entledigen konnte, erkannten auch clevere Geschäftsleute ihre Chance. Mit dem Erwerb physisch vorhandener Sachwerte wie Immobilien, dauerhafter Konsumgüter sowie die bewährten Wertaufbewahrungsmittel Gold und Silber brachten sie ihr Vermögen sicher durch diese Zeit. Und wer das auch noch mit der Aufnahme von hohen Krediten kombinierte – die bereits ein paar Tage nach Aufnahme wieder zurückgezahlt werden konnten –, konnte so seinen Besitz deutlich ausweiten. Auch wenn sich diese extrem hohe Hyperinflation von 1923 zumindest auf deutschem Boden so nicht mehr ganz in diesen Extremen wiederholte, war das nicht der einzige Zeitraum in Deutschland, der von hohen Inflationsraten geprägt war.
Bereits vor Beginn des Zweiten Weltkriegs wäre die erneut aufgeflammte Geldentwertung für alle sichtbar geworden, hätte das NS-Regime im Oktober 1936 nicht ein allgemeiner Preisstopp ausgerufen. Denn von da an mussten Preiserhöhungen genehmigt werden. Doch früher oder später, vergleichbar wie Wasser immer einen Weg findet, findet auch die Inflation irgendwann einen Weg, sich zu zeigen. In diesem Fall war es das nach Kriegsende. Erneut musste eine Währungsreform her und die Zähler wieder auf null stellen.
Natürlich stellt sich heute die Frage, nachdem selbst die offiziellen Inflationsraten die tatsächlichen Preissteigerungen von Waren und Gütern des täglichen Bedarfs nicht mehr verschleiern können, ob dies nun ebenfalls Vorboten einer weiteren Phase massiver Geldentwertung sind. Was dafür sprechen könnte, ist, dass auf der geopolitischen Bühne an verschiedenen Ecken dieser Erde versucht wird, einen größeren Krieg heraus zu provozieren. Und Kriege kosten einfach jede Menge Geld.
Die Notenbanken haben zwar nicht mehr wirklich die Druckerpressen angeworfen. Allerdings in unseren digitalen Zeiten, in der die Bargeldmenge nicht einmal mehr 4 % der gesamten Geldmenge ausmachen, ist es heute wesentlich einfacher per Knopfdruck neues Schuldgeld zu produzieren. Und das wird von Seiten der Regierungen schon seit Jahren mit zunehmenden Maße genutzt. Allerdings stand in der Vergangenheit auch ein Wirtschaftswachstum entgegen, das das Geldmengenwachstum teilweise kompensieren konnte. Zwischenzeitlich allerdings stagniert unsere Wirtschaft bestenfalls und somit steht immer mehr Geld einer höchstens gleichbleibenden Wirtschaftsleistung gegenüber. Und damit bleibt dem Geld nichts anderes übrig, als an Wert zu verlieren.
Wenn auch die damalige Praxis aus 1923 nicht mehr funktionieren dürfte, extra Schulden aufzunehmen, um sich mit echten Werten einzudecken, so bleibt zumindest die Möglichkeit, inflationsgefährdetes Papiervermögen in zukunftssichere Werte zu tauschen. Denn folgendes galt früher schon, gilt heute noch und wird auch in Zukunft gelten: Ein Kilo Metall bleibt ein Kilo Metall! Letztlich besitzen auch wir keine Glaskugel und können demnach nicht in die Zukunft schauen. Und schon gar nicht wollen wir ein Schreckensszenario an die Wand malen. Allerdings hat es auf der anderen Seite auch noch nie geschadet, sich rechtzeitig mit echten Werten einzudecken, um zumindest vorbereitet zu sein, sollten sich ähnliche Szenarien wie in der Vergangenheit erneut aufbauen.
Denn echte Werte Bleiben uns schließlich so lange erhalten, bis sie innerhalb der Industrie zum Wohle uns Menschen eingesetzt und verwendet werden. Und wenn selbst das US-Investmenthaus Goldman Sachs empfiehlt, für das kommende Jahr auf Industriemetalle zu setzen (Quelle: miningscout.de), dann bleibt nur noch eine Frage offen: wenn nicht jetzt, wann dann?